Kritik an Drewermanns Theologie
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Eugen Drewermann meint: „Die Naturwissenschaften erklären die Fragen nach dem Warum im Sinne der Kausalursachen. Religion sollte herausfinden, was es bedeutet, dass wir Menschen sind.“
Die folgenden Zitate und Kommentare zeigen, dass Drewermann bei dieser Suche in Widersprüchen und poetischen Traumbildern landet. Die Zitate stammen i.w. aus einem Interview mit Drewermann in der Zeitschrift "Zeitzeichen", sie sind kursiv gesetzt. Darauf folgen meine persönlichen Bemerkungen. EUGEN DREWERMANN: „... Was bleibt vom Menschen, wenn er verwest? Das Christentum hat diese Idee mit Bezug auf den griechischen Philosophen Platon entwickelt, der die Seele als geistige, unsterbliche Substanz verstanden hat.“ Das ist historisch richtig. Es ist jedoch nur die halbe Wahrheit, denn die platonische Seelenphilosophie ist nicht Platons Erfindung, sondern sie wurde zu seiner und Jesu Zeit bis ins 4.te Jahrhundert von kräftigen Wurzeln genährt:
E.D.: „In der katholischen Tradition spricht man der Seele vier Eigenschaften zu: Immaterialität, Unität, Substantialität und Personalität. Doch spätestens mit den Theorien von Charles Darwin um 1860 beginnt ein Erklärungskonzept zu greifen, das weder einen göttlichen Eingriff von außen zur Erklärung von Naturphänomenen gelten lässt noch auch eine geistige Einwirkung auf die Materie für nötig erklärt. Das Ergebnis ist die Überflüssigkeit des metaphysischen Seelenkonzepts. Das war ein Schock in der Denktradition, der vor allem bei den Leuten in den Kirchenbänken (welche Arroganz!) dazu führte und führt, an gar nichts mehr zu glauben. Denn wenn das, was bis dahin Seele hieß, aus neuronalen Prozessen im Gehirn erklärt werden kann, wird deutlich, dass es mit dem Verwesungsprozess des Körpers, des Gehirns, zugrunde gehen wird.“ In den folgenden Zitaten wird deutlich, dass D. hinter diesem modernen Erklärungskonzept steht. Dessen Argumente sind jedoch ideologisch und anthropozentrisch (s. "Hirnforschung"). Sollte das Hirn bei mystisch-medialen Phänomenen aber nur beteiligt sein, anstatt sie vollständig zu produzieren, dann würde dies mit den Inkarnationslehren übereinstimmen. Diese alternative Hypothese wird weder von der Hirnforschung noch von Drewermann in Betracht gezogen. E.D.: „In der katholischen Theologie ist die Lehre von der unsterblichen Seele dogmatisch nach wie vor ganz groß und eben so feierlich wie falsch. Noch 1996 - 140 Jahre nach Darwin - konnte Papst Johannes Paul II. im Vatikan verkünden, dass die Evolution zwar eine Denkmöglichkeit sei, aber dass die Seele sich nicht entwickelt habe, da sie von Gott sei. Konziser kann man so viel Falsches kaum zusammenfügen.“ Falsches? Die großspurigen Behauptungen der Neurowissenschaft tragen dieses Urteil jedenfalls nicht (s. Hirnforschung). Drewermann hält sie für absolut wahr und stellt sich mit großer Arroganz auf die Seite der kritiklosen Wissenschaftsgläubigkeit. E.D.: „Es ist die große Schwäche der katholischen Theologie, dass der Glaube mit philosophischen Argumenten vernünftig geredet werden soll.“ Da hat Drewermann recht. Er redet seinen Glauben jedoch auch vernünftig, allerdings mit psychologischen und ästhetischen, also ähnlich schwachen Argumenten. Die so wichtigen mystisch-medialen Erfahrungen wischt er vom Tisch s.u. E.D.: „Die Naturwissenschaften erklären die Fragen nach dem Warum im Sinne der Kausalursachen. Da hat die Theologie nichts mehr verloren.“ Dies ist nun eine zentrale These Drewermanns und der heutigen protestantischen Theologie.
E.D.: „Religion ist nicht zur Erklärung dessen da, was die Naturwissenschaften ermitteln können, sondern Religion sollte herausfinden, was es bedeutet, dass wir Menschen sind.“ Das tun Philosophie und Psychologie auch, vielleicht sogar besser. Religion sollte lieber die primär religiösen Phänomene betrachten: mystisch-mediale Erfahrungen wie Offenbarungen, Nahtoderfahrungen, Sterbeerfahrungen uvam. (siehe Startseite).
E.D.: „Es geht bei der Rede von der Seele darum, dass wir als Person nur ermöglicht sind im Gegenüber einer absoluten Person, in ihrer Zugewandtheit, ihrer Liebe, die nicht will, dass wir im Tode verkommen. Das ist der Sinn des christlichen Glaubens. Glauben bedeutet, sich mit der ganzen Existenz in die Hand Gottes zu geben. Der Mensch braucht kein inneres Prinzip, das göttlich genannt wird, im griechischen Sinne für sich zu reklamieren. Es bietet sich darum an, anstelle von Seele von Person zu reden. Das ist ein Sprachgebrauch, der wirklich theologische Dimensionen erreicht. Es geht nicht um einen göttlichen Kern, es geht um den ganzen Menschen vor dem Angesicht Gottes.“ Da wäre nun vieles zu erfragen, z.B.
Hierin ist Drewermann Meister: „Als ein mythisches Bild halte ich den Begriff Seele für unverzichtbar. Es liegt in ihm eine lang noch nicht ausgeschöpfte Quelle von Poesie. Die Seele ist ein Medium der Begegnung, der Schönheit, der Ergriffenheit, der Zugewandtheit. Sozusagen das Signum für einen Austauschvorgang in Zärtlichkeit und Liebe. Sieht man, berührt man die Seele eines Menschen, möchte man sein Geheimnis zwar erfahren, berühren, streicheln. Aber man weiß zugleich, dass man es nie begreifen und schon gar nicht ergreifen kann. Dass da ein Heiligtumsraum ist. Etwas, das geschützt sein will. Eine Sphäre des Göttlichen. Das alles schwingt in dem Begriff Seele mit.“ Wie schön, wie wunderbar! Drewermann und die heutige Wissenschaft generell betrachten nur den Alltagsmenschen, unsere Normalität.
Für Drewermann jedoch endet die Tiefe im Temporallappen: „Nehmen Sie die Visionen: Neurologisch weiß man, dass Temporallappen-Epilepsien zu Visionen führen können.“ Da übertreibt Drewermann noch mehr als der Neurologe Ramachandran selbst.
E.D.: „Die Interpretation einer bestimmten Vision oder Audition oder Halluzination ist gebunden an den Kulturraum, in dem festgelegt wird, was eine Vision bedeutet. Es ist unmöglich, dass die Mutter Gottes, der Engel Michael oder wer immer als solcher vom Himmel kommt. Jemand hat eine Vision und interpretiert sie nach den Maßgaben der eigenen Kultur.“ Die Gebundenheit von Visionen an den Kulturraum ist richtig. Aber nicht der Visionär interpretiert, sondern die geistige Energie, die sich mitteilen möchte, erzeugt ein verständliches Bild. Auch wir verwenden kindliche Bilder, wenn wir ein Kind belehren wollen. Das ist offensichtlich und klar für jeden, der sich nur ein klein wenig mit mystisch-medialen Phänomenen beschäftigt. Drewermanns Interpretation ist so billig wie der Materialismus überhaupt. Hier ist ein Beispiel einer Vision. E.D.: „... Es gibt unsachgemäße, ja, verlogene Verkürzungen, etwa in so mancher Beerdigungspredigt: "Gott hat das Leben zu sich genommen" ist so ein Satz. Dabei sind die Dinge viel komplexer und komplizierter. Ich bin sehr stark beeinflusst durch Autoren wie Blaise Pascal. Der hatte für unsere Frage "Was wird im Tod aus uns?" nichts weiter als eine Wette auf die Unsterblichkeit. Und das ist wunderbar, weil es ehrlich war. Mir liegt daran, die Hoffnung nicht aufzugeben, die Dostojewski am Ende der "Brüder Karamasow" ausspricht: "Wir werden uns wieder sehen." Aber ich glaube, dass "Ehrlichkeit" bedeutet, einzugestehen, dass jenseits des Todes alle Beweisbarkeiten aufhören.“ Das ist nun weder komplex noch kompliziert.
Nochmals zu Plato: „... dass wir kein Recht haben, von einem Seelenprinzip zu sprechen, das im platonischen Sinne in den Körper eingekerkert sei, um ihn dann zu verlassen. Das ist eine Philosophie, die wir so nicht mehr halten können.“ Ja, philosophische Begründung geht nicht mehr. Aber es gibt Erfahrungen mit Verstorbenen. Zu Nahtoderfahrungen: „Die Existenz eines personalen Gottes ist, wie wir sahen, aus der Schöpfung kausal nicht beweisbar ... dass auf Grund bestimmter Phänomene, zum Beispiel der sogenannten Nahtod-Erfahrungen, Gott existieren müsse ...“ Offensichtlich kennt Drewermann Nahtoderfahrungen nur sehr oberflächlich, denn von Gott sprechen sie kaum. Primär geht es um das Erleben einer als immateriell empfundenen Welt und um Begegnungen mit Verstorbenen und anderen Geistwesen. Es geht um Erfahrungen als eigenständig existenzfähige Seele. E.D.: „Umso wichtiger aber bleibt für die individual-psychische Deutungsebene einer Erscheinung die Feststellung der Neurotheologie, dass alle Visionen, Auditionen etc. als nichts anderes verstanden werden können denn als Produktionen des Gehirns - durchaus nicht Wirkungen von etwas objektiv Seiendem.“ Da bin ich 'durchaus doch' der entgegengesetzten Meinung, auf Grund von glaubwürdigen und gut dokumentierten Erfahrungen.
Echt und tief empfundene Religion findet heute anderswo statt: in der esoterisch-spirituellen Szene. Sie nimmt religiös-parapsychologische Phänomene ernst (leider oft unkritisch) und richtet ihr tagtägliches Leben danach aus. Hier wächst eine selbstverantwortliche, auf tätige Liebe (statt auf mythische Poesie) gegründete Religiösität ohne akademische Theologie, ohne Predigten, ohne Liturgien, ohne Dogmen, ohne Organisation und ohne Mitgliedschaften. Dafür mit Bezug auf lebendig empfundene Offenbarungen und auf überzeugend vermittelte transzendente Erfahrungen. S. Startseite.
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